Tag 10:
Unsere heutige Planung:
Wir schlafen heute aus. Erst gegen 9 Uhr sitzen wir beim Frühstück, danach spazieren wir den Three Pond Loop Trail
der vom Campground aus ein paar Sites weiter startet.
Allerdings kann man sich den Trail schenken. Er geht nur durch den Wald und die Teiche sind alle ausgetrocknet.
Die Wolken verziehen auch langsam und die Sonne kommt heraus.
Weiter geht's zum "Beach Access Trail". Wir sind gespannt, was man hier unter "Beach" versteht.
Schon der Miracle Beach war irgendwie alles andere, als ein Beach - meiner Meinung nach zumindest.
Wir laufen wieder quer durch den Wald, dann geht es einen staubigen Pfad hinunter zum See.
Hier gibt es mehrere kleine Buchten mit türkisfarbenem Wasser. Einer verfügt sogar über einen kleinen Sandstrand.
Hätte ich Badezeug an, würde ich jetzt hier rein springen. In der Sonne sind es gefühlt 10 Grad wärmer. Echt krass.
Die Jacke habe ich schon seit dem Loop Trail nicht mehr an und ich bin froh, eine kurze Hose zu tragen.
Schwitz.... Ich weiß gar nicht, wie der Gatte und Sohnemann das in langen Jeans aushalten.
Wir laufen am See entlang und sehen eine Schlange im Unterholz. Sonst gibt es aber erstaunlich wenige Tiere hier.
Kaum Vögel, Hörnchen haben wir noch gar keine gesehen. Schon komisch.
Wir laufen an der Landzunge entlang und gehen dann zurück zum Camper und fahren los.
Ziel für heute Mittag sind die Lower Myra Falls mit optionalem Badestopp.
Erster Stopp sind die Lupin Falls mit dem dazugehörigen Loop Trail.
Knapp 1 km, schöner Trail durch den Wald bis zum Wasserfall.
Der kurze Stopp hier lohnt sich auf jeden Fall.
Weiter geht's zu den Lower Myra Falls. Vorbei am Ralph River Campground, den ich ursprünglich buchen wollte
und nun echt froh bin, mich für den Buttle Lake Campground entschieden zu haben.
Die Option, im See baden zu gehen, ist dann doch sehr reizvoll und ich hätte auf das gestrige Schwimmen im See nicht verzichten wollen.
Der Parkplatz samt Zufahrt zu den Myra Falls ist übrigens NICHT RV geeignet!!
Wir parken vorne an der Straße und laufen die Zufahrt bis zum Parkplatz. Gut, dass wir das gemacht haben,
denn der Parkplatz am Ende der Schotterstraße ist sehr klein und rammelvoll.
Am Ende des Parkplatzes startet recht steile Trail zu den Lower Myra Falls.
Man erreicht erst einen Lookout auf den Wasserfall.
Dann geht es weiter runter auf das Felsplateau, von wo man in dem großen Pool unterhalb der Fälle baden kann oder die Fälle entlang klettern kann.
Sehr cool hier!
Der Fußmarsch hier runter lohnt ich auf jeden Fall. Wir haben Badesachen dabei, aber als ich meine Füße ins Wasser halte,
weiß ich, dass ich auf keinen Fall schwimmen gehen werde. Viel zu kalt! Ich bin ja echt kein Pienzchen,
aber meine Füße schmerzen richtig vor Kälte, als ich sie nach 10 Sekunden wieder aus dem Wasser ziehe. Krass!
Das sind max 10 Grad. Wirklich eiskalt! Umso mehr bewundere ich mal wieder die Kanadier, die sich ins Wasser legen,
als wäre es ein Whirlpool mit +30 Grad warmen Wasser. Unfassbar. Ein Mann springt sogar vom Felsen über dem Wasserfall hinunter 😱😵💫
Ich schaffe es bis zu den Waden ins Wasser, Sohnemann bleibt bei den Füßen und der Gatte wagt sich kurz zur
Ganzkörperabkühlung unter einen der kleineren Wasserfälle seitlich des großen Falls. Erfrischend 😜
Wir verbringen eine gute Stunde auf dem Felsen vor dem Wasserfall und genießen den Ausblick und das tolle warme Wetter,
dann meldet Sohnemann Hunger an und wir machen uns an den steilen Aufstieg zurück zum Camper.
Der Gatte möchte noch zu den Upper Myra Falls, allerdings hatte ich die bei der Planung nicht berücksichtigt und nun auch
keine Informationen bezüglich Länge, Dauer und Höhenmeter.
Wir fahren die Straße Richtung Upper Falls und Tennent Lake, vorbei an der Myra Falls Mine, einer aktiven Erzmine.
Etwas seltsam, plötzlich durch diese " Bauzone" zu fahren und kurz danach wieder vor dem Provincial Park Schild zu stehen.
Wir essen im Camper zu Mittag, dann starten wir gegen 15:15 Uhr zum Trail.
Es geht erst mal auf einer Baustellenstraße 1 km bis zum Einstieg in den Trail.
Der Trail ist dann Abenteuer pur. Ein Pfad durch den Wald, über Baumstämme, Wurzeln, steil hoch und runter, über Brücken etc.
Wir laufen 1 h und sind laut GPS immer noch ewig von den Falls weg. Laut Karte grob geschätzt 3km in eine Richtung. Uff.
Als wir uns erstmals laut GPS den Falls nähern, bleiben meine Männer abrupt stehen. Sie hätten was gehört. Wir sind still und lauschen.
Dann wieder: ein Grummeln, Brüllen, Knurren - ich kann es nicht beschreiben, aber es ist definitiv ein Tier und das will nichts Gutes.
Ich stehe in Schockstarre, der Gatte hat den Finger am Bärenspray. Wir lauschen. Es knackt im Gehölz vor uns und wir hören das Knurren/Brummen erneut.
Näher als eben, klingt nach einer Drohgebärde.
Mit Adrenalin im Blut machen wir auf dem Absatz kehrt uns laufen zurück. Scheiße, was ist das? Bär? Puma?
Ich erinnere mich gelesen zu haben, dass vor 2 Wochen 2 Frauen mit Hunden von einem Puma angegriffen wurden und und dass dank Bärenspray nichts passiert ist.
Wir wollen es nicht testen...
Ich hatte keine Ahnung, dass meine müden Füße doch noch so schnell laufen können. Nass geschwitzt erreichen wir nach ca 20 Minuten
die erste Brücke und atmen durch.
Puh...sind wir das Vieh los? Was war es? Ist es noch da? Ist es uns gefolgt?
Wir wissen es nicht, aber die Laune auf Wandern ist uns gerade vergangen, zumal wir völlig alleine auf dem Trail sind.
Gerade, als wir die Brücke verlassen wollen, kommt uns eine Familie mit 2 Teeniemädels entgegen. Sie fragen,
wie lange geht der Weg zum Wasserfall noch dauert. Als wir erzählen, dass wir umgedreht sind, weil wir vermutlich
einen Bären oder Puma gestört hätten, scheint der Familienvater darüber eher belustigt zu sein. Er hebt seinen keinen Holzstock
und sagt, er hätte einen "Stick", sie würden es trotzdem riskieren. Die Mutter ist nicht ganz so begeistert, sagt aber zu den Mädels nur
"Girls, maybe we will see a big cat" und sie ziehen weiter. Wir sind kurz schockiert.
Hallo??? Da war definitiv ein Tier! Und zwar kein Häschen oder Schoßhündchen! Wir haben es gehört,
das Knurren ging uns durch Mark und Bein und ich war tatsächlich noch nie so froh, Bärenspray gekauft zu haben.
Den Gatten beschäftigt die Reaktion des anderen Familienvaters noch eine ganze Weile, da es es nicht fassen kann,
dass man wegen Wasserfällen eine gefährliche Begegnung mit einem Puma riskiert.
Kurz darauf begegnet uns eine weiter Familie, ein Pärchen mit einem kleinen Sohn, ebenfalls Kanadier.
Auch sie fragen nach dem Weg, da scheinbar jeder glaubt, der Weg sei nur 1 km lang. Wir klären auf,
dass der Weg deutlich länger sei und wir aber umgekehrt wären, da wir wohl einen Puma oder Bären aufgescheucht hätten.
Der Familienvater reagiert geschockt und will sofort umdrehen, die Frau ist dieses Mal diejenige, die die Situation herunterspielt.
Während sich die beiden streiten, gehen wir weiter und hören ihn nur noch sagen
"It's a fucking cougar!! Oh dear, come on.... Ok boy, stay in the middle!"
Auch sie gehen weiter. Ok, muss man der selbst wissen. Wir haben ehrlich gesagt die Hosen voll und ich habe das furchterregende Knurren immer noch im Ohr.
Nach 2 Stunden ist der Abenteuertrip beendet und wir verlassen den Parkplatz.
Als wir losfahren, sehen wir das Pärchen mit dem kleinen Sohn entgegen kommen.
Sie haben also doch abgebrochen und sind umgekehrt. Hoffentlich ist die andere Familie okay....
Völlig platt - mein Tracker sagt 22.000 Schritte - fahren wir zurück zum Campground.
Wir durchqueren wieder das Gelände der Erzmine und fahren dann immer am riesigen Buttle Lake zurück zum Campground.
Es ist windig und ziemlich frisch als wir ankommen,
die Sonne ist mittlerweile verschwunden und unsere Campingnachbarn haben alle Jacken oder Pullis an.
Obwohl es kühl ist und wir völlig platt sind, laufe ich mit dem Gatten noch zur Badestelle am See, ein kurzen Fußmarsch
von unserer Seite entfernt und wir gehen Schwimmen. Es ist kalt, aber der Angstschweiß muss runter! 😅🤣
Es kostet mich echt Überwindung, fröstelnd ins kalte Wasser zu steigen, aber wenn man mal drin ist, geht es.
Nach ein paar Schwimmzügen sind wir auch schon wieder draußen. Faszinierend, es ist jetzt gar nicht mehr so kalt draußen 😅😜
Erfrischt gönnen wir uns einen Absacker, essen Burger aus der Pfanne und verbringen den Abend im warmen Camper.
Was für ein Abenteuer heute!!! Die kommende Tage werden hoffentlich etwas entspannter und weniger nervenaufreibend...
Für die Statistik:
Campground: Buttle Lake Campground / Strathcona PP
17,50 €; Site 14
Gefahren: 82 km
Gelaufen: 15 km
Fotos: 252
Wetter: sonnig, bis 26 Grad
Ich grüße dich Chrissy
und das besondere "Wilderlebnis" an diesem Tag wird euch sicherlich für immer in Erinnerung bleiben.
Wie bei uns, als wir einen Abendspaziergang entlang des SKILAG LAKE / Alaska unternahmen.
Wir vernahmen zwar kein ..........
aber auf dem schmalen Waldtrampelpfad stießen wir auf noch dampfende Bärenkothaufen.
Die liebste aller Ehefrauen wollte keinen Schritt mehr weitergehen, was mehr als vernünftig war, denn einem Bären auszuweichen wäre auf dem engen Pfad nur mit einem Sprung in den Lake möglich gewesen.
Ein Erlebnis, welche wir immer Mal wieder gerne erzählen, obwohl ja nichts passiert ist.
Beste Grüße vom HANS
JEDE REISE BEGINNT MIT DEM ERSTEN SCHRITT
Hej Chrissy
Ich erinnere mich noch sehr an die diversen Wanderungen - haben wir im 2016 auch alle gemacht. An den Lupin Falls (genau bei der Bank auf deinem Bild ) hat meine Tochter noch eine 10 Dollar Note gefunden - damit konnte sie sich später etwas am Flughafen kaufen.
So eine unheimliche Begegnung wäre der Supergau für unsere Tochter gewesen - wir haben heute beim Abendessen darüber gesprochen und sie hat mir verraten, dass sie damals Angst hatte, auf unserer Reise einem Bären zu begegnen. Obwohl es in deinem Fall wohl eher nach einer Raubkatze geklungen hat.
Bin gespannt wie es im Yukon-Teil eurer Reise weitergeht.
Liebe Grüsse
Flo
Flo's Berichte: Westkanada mit VI (2016), Indian Summer in Ontario (2018), Colorado Plateau (2019), Rockies im Herbst (2021)
Ja, das war wirklich grenzwertig und genau in dem besagten Augenblick ist uns wirklich "der A.... auf Grundeis" gegangen. Das war echt gruselig...
Wir sind jedenfalls froh, dass wir die Tour abgebrochen haben.
Keine Ahnung, wie wir reagiert hätten, wenn die anderen beiden Familien 30 Minuten früher da gewesen wären. In großer Gruppe wären wir evl weitergegangen, aber wir waren ja zu dem Zeitpunkt völlig alleine in der Pampa. No way...
Genau