Der Hammer fällt um 3:30Uhr!
Aber wir sind eh schon halb wach und stehen sofort auf. Jeder weiß, was zu tun ist und wir frühstücken eine Kleinigkeit, weniger wegen des Hungers als mehr aus Zwang.
Jeremies Zelt bleibt stehen, ebenso unser Tarp, das gestern, nachdem es als Duschvorhang dienen musste, die Kühlbox und die Zargesbox mit unseren Lebensmitteln beschattete.
Weil wir am South Kaibab Trailhead nicht parken dürfen und kein Bus vom CG zu so früher Stunde fährt, fahren wir mit dem Auto auf den Parkplatz des Backcountry Office. Hier warten wir auf den Hikers Express, der um 5 Uhr an der Bright Angel Lodge startet und wenige Minuten später hier vorbeikommt.
Außer uns sind noch zwei Männer mit großem Gepäck und zwei Frauen und ein Mann mit Tagesgepäck da.
Wir steigen in den Bus und kurz vor der Abfahrt merkt Robert, dass er seine Kamera draußen auf dem Mäuerchen liegen ließ! Oh Mann, da hätten wir viel Zeit verloren, wäre ihm das erst später aufgefallen...
Mit nur noch einem weiteren Stopp am Visitor Center sind wir ruckzuck beim South Kaibab Trailhead.
Es wird bereits langsam heller am Horizont und wir machen uns gut gelaunt und voller Vorfreude um 5:30Uhr auf den Weg hinunter in den Canyon. Ganz schön tief ausgetretene Stufen zum Teil, wir müssen aufpassen, wo wir hintreten.
Den Sonnenaufgang erleben wir eine halbe Stunde später beim Ooh-Aah-Point.
Wir teilen uns dieses Schauspiel mit einer vierköpfigen deutschen Familie und den beiden Männern mit schwerem Gepäck, die auch mit unserem Bus fuhren. Einfach ein Traum, zu dieser frühen Stunde hier im Canyon zu sein!
Aber wir haben ja noch ein paar Meilen vor uns und reißen uns los. Knapp 20 Minuten später sind wir bereits beim Cedar Ridge. Immer noch ganz tolles frühmorgendliches Licht.
Fortan verläuft unser Trail in der Sonne, aber durch die frühe Uhrzeit noch gut auszuhalten.
Die Etappe bis zum Skeleton Point ist lang, eine knappe Stunde brauchen wir hierfür.
Die Ausblicke wechseln ständig und deutlich mehr als einmal sagen wir uns, was es doch für ein Privileg ist, dies alles erleben zu dürfen und wie glücklich wir uns schätzen müssen.
Die Etappe bis zum Tip-off geht in vielen ausnahmslos sonnigen und steilen Switchbacks in die Tiefe. Oh Mann, da mag ich mir gerade nicht vorstellen, wie wir uns da morgen zu späterer Stunde in der Sonne hinauf plagen sollen…
Wir zwingen uns immer, zwischendurch ein paar Nüsse und Salzbrezeln zu snacken und reichlich zu trinken. Jeder von uns hat vier Liter Wasser - teils mit Elektrolyttabletten - dabei.
Vom Tip-off bis zum Bright Angel Campground ist der Weg dann nicht mehr ganz so steil.
Es gibt sonnige und schattige Abschnitte, aber letztendlich zieht sich das Stück dann doch wie Kaugummi. Unterwegs treffen wir hier auf einige Mulis, die Gepäck von Wanderern oder den Müll von der Phantom Ranch nach oben transportieren.
Eine Stunde und 15 Minuten brauchen wir vom Tip-off, bis wir endlich auf dem Bright Angel CG ankommen.
Nun müssen wir noch eine passende site für uns finden. Am liebsten eine am Creek, auch wenn die gerade alle in der Sonne sind und es ist wahrlich heiß dort… Wir entscheiden uns für die Nummer 5 und platzieren brav unser Backcountry permit am Pfosten.
Wanderschuhe aus, Flipflops an und gleich mal kurz die heißen Füße im Bright Angel Creek abkühlen und Arme und Beine ein bisschen abwaschen. Das tut richtig gut.
Das Zelt bauen wir erst später auf, zuerst ruhen wir uns ein bisschen aus im wenigen Schatten, den wir an unserer site finden können.
Dann laufen wir zur Phantom Ranch, wollen eigentlich rein sitzen, um in der kühleren Umgebung ein wenig zu relaxen und eine eiskalte Lemonade zu trinken. Leider geht das nicht, denn der Raum ist zu und es gibt nur einen „Kiosk“schalter, an dem wir unsere Limo ordern können.
Naja, egal, die Lemonade schmeckt genau so saumäßig lecker, wie wir das in Erinnerung hatten und wir setzen uns in den Baumschatten des Amphitheaters. Herrlich angenehm. Hier holen wir nach dem ersten Lemonade Refill den verpassten Schlaf der vergangenen Nacht etwas nach, dösen auf der Bank, gucken Löcher in die Luft und ruhen uns einfach nur aus.
Dann ruft tatsächlich der Hunger und wir spazieren zurück auf unsere site, um uns ein Trekking Meal zuzubereiten. Mittlerweile ist es 13 Uhr. Den weiteren Nachmittag verbringen wir mit Abkühlen im Creek, dösen auf dem Tisch (Zelt steht ja noch nicht und es wär auch viel zu heiß drin) und weiterem Refill der Lemonade an der Phantom Ranch.
Wir gehen wieder ins Amphitheater in den Schatten und unterhalten uns hier sehr nett mit einer amerikanischen Familie aus Südkalifornien. Ein älteres Ehepaar um die 70 mit Tochter und deren Mann hat sich einen Traum erfüllt und den Hike hier hinunter gewagt. Da die family das Steakdinner gebucht hat, müssen wir unsere Unterhaltung leider vorzeitig beenden. Es war wirklich sehr nett, diese Menschen kennengelernt zu haben.
Wir bauen gegen 17 Uhr unser Zelt auf und versuchen dann, uns einigermaßen für unser gebuchtes Abendessen frisch zu machen. Ersatzkleidung gibts natürlich keine, aber wir erfrischen uns nochmals im Creek und sehen einigermaßen brauchbar aus, als wir uns ein weiteres Mal auf den Weg zur Phantom Ranch machen.
Beim letzten Besuch hier hatten wir auch das Steakdinner gebucht, heute wollen wir das Stew Dinner probieren. Es schmeckt deutlich besser als es aussieht, aber an das Steakdinner kommt es lange nicht heran. Jeremie braucht natürlich Nachschlag und auch alle anderen am Tisch sind froh, dass er noch mal eine Ladung geordert hat.
Ich warte vergeblich auf den versprochenen Kaffee zum leckeren und wirklich reichhaltigen Browniedessert. Robert fragt nach und wir dürfen „for free“ einen beim Rausgehen mitnehmen. Obwohl nach uns keine weiteren Gäste kommen, werden wir zügig entlassen. Aber das ist in den USA ja generell so, dass man nicht sehr lange im Lokal sitzt. Kommen - essen - gehen… noch quatschen, noch was trinken, das ist hier eher unüblich.
Wider Erwarten gibt es an der Phantom Ranch übrigens doch Trinkwasser, das wir uns zapfen können. Da hat die Kommunikation zwischen dem National Park Service und Xanterra offenbar nicht so ganz reibungslos funktioniert... Den Wasserfilter also völlig umsonst mitgeschleppt und auch noch extra dafür gekauft…
Es gab auch sehr widersprüchliche Aussagen, was das Übernachten auf der Phantom Ranch angeht. Auch der amerikanischen Familie wurde oben am Rim gesagt, sie könne nur eine statt zwei Nächten unten in der Cabin bleiben und sie hatten für die zweite Nacht schon ein Hotelzimmer außerhalb des Grand Canyon gebucht. Aber hier unten angekommen war es dann überhaupt kein Problem, dass sie die beiden Nächte bleiben.
Allerdings - und das hatten wir beim Essen unten erfahren - wird ab dem 29.08.2024, also morgen, wegen des Wassermangels jegliche Buchung in den Hotels am Rim storniert und auch das Trailer Village geschlossen. Die anderen CGs bleiben offen, es sei aber nur dry camping möglich. Hmmm,.... da sind wir mal gespannt, was uns morgen oben am Rim erwartet.
Irgendwie werden wir das auf dem Mather CG schon geregelt bekommen. Ein Teil unseres Equipments ist ja eh noch auf der site verblieben.
Wir hatschen also zurück zu unserer Campsite, machen die allernötigste Körperpflege, die möglich ist und legen uns ins Zelt. Da drin ist´s aber unfassbar heiß und stickig!
An Schlaf ist hier nicht wirklich zu denken, mehr ein Ruhen. Robert geht irgendwann raus und döst am Tisch im Sitzen, später legt er sich drauf und hat hier wenigstens einigermaßen frische Luft. Ich mache mir ein Handtuch nass und lege mich nach ein bisschen Sterne gucken wieder ins Zelt. Mit dem feuchten Handtuch decke ich mich zu. Das kühlt zwar ganz gut, aber wirklich Schlaf finde ich trotzdem nicht.
Naja, der Wecker bimmelt uns eh um 3:45Uhr wieder aus den Betten, das kriegen wir auch noch voll rum.
Liebe Elli,
eine herrliche Schilderung und sehr feine Bilder eures Abmarsches zur Phantom-Ranch ! Meine Erinnerung geht sehr weit zurück, wird aber mit jedem Satz und jedem Bild wieder aufgefrischt. Danke !
Herzlichen Gruß
Bernhard
Scout Womo-Abenteuer.de
Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)
Hi Elli,
und deutlich mehr als einmal sagen wir uns, was es doch für ein Privileg ist, dies alles erleben zu dürfen und wie glücklich wir uns schätzen müssen.
Ich freue mich für euch, dass ihr dieses Erlebnis nocheinmal genießen durftet. Dafür lohnen sich auch 2 Nächte mit zu wenig Schlaf.
Bei deinem Kommentar zum Stew bzw Steakdinner komme ich jetzt doch ins Grübeln, ob ich mit dem Stew die richtige Wahl getroffen habe.... Wir fanden das schon ziemlich gut, aber vielleicht ist es auch nur die besondere Atmosphäre da unten, so dass jedes Essen schmeckt.
Habt ihr auch Lunchpakete geordert?
Freue mich auf noch mehr wundervolle Bilder
Liebe Grüße, Mike
Experience!
Scout Womo-Abenteuer.de
Lieber Bernhard,
Danke dir. Auch für uns ist das jetzt wieder ein tolles „refresh“ unserer Canyon-Erlebnisse gewesen. Und hat nichts von seiner Faszination eingebüßt.
Liebe Grüße
Elli
Scout Womo-Abenteuer.de
Lieber Mike,
da muss ich tatsächlich sagen, dass ich das Stewdinner nicht mehr buchen würde. Für uns war das Steakdinner wesentlich besser. Sowohl optisch, als auch geschmacklich. Aber das ist ja auch schon einige Jahre her und wer weiß, ob das heute noch genauso gut schmeckt. Die Atmosphäre in der Phantom Ranch fanden wir auch immer ganz besonders, allerdings hatte sie ja tagsüber geschlossen, da haben wir schon was vermisst. Und abends wie morgens beim Frühstück geht das schon alles immer hopplahopp….
Wir hatten Abendessen, Frühstück und Lunchpakete geordert. Letzteres würden wir nicht mehr nehmen. Da waren eine kleine Tüte Cranberries, ein kleiner Müsliriegel, Elektrolytpulver, eine Art „Bifi“-Salami, ein Bagel (glaub ich) und ein Granny Smith Apfel dabei. Ich glaub, das wars auch schon… vielleicht noch eine kleine Tüte Erdnüsse🤔…? Das meiste davon haben wir lediglich hoch getragen. Wer isst nen Apfel bei einer solch anstrengenden Wanderung? Der liegt allenfalls im Magen, und ist unverzehrt eher schweres Gepäck…
Ich denke, da ist man mit zwei Clif Bars, einigen Salzbrezeln und dem eigenen Elektrolyt (ob Pulver oder Tablettenform) ebenso gut aufgestellt.
ich geb mir Mühe, danke. Kann aber für den morgigen Tag schon sagen: zum Fotografieren fehlte da etwas die Motivation, die ging ziemlich komplett für den Hike drauf 😉.
Liebe Grüße
Elli
Scout Womo-Abenteuer.de
Hey Mike,
grade noch mal nachgelesen… beim Sack Lunch war noch etwas Frischkäse und ne mini Marmelade, sowie ein kleiner Käse dabei. Macht den Kohl aber auch nicht fetter…
Liebe Grüße
Elli
Scout Womo-Abenteuer.de