Laut Vorhersage soll sich das Wetter heute beruhigen. Deshalb hatten wir überlegt, früh morgens zum Sonnenaufgang zu den Wahweap Hoodoos zu laufen. Als der Wecker um 6:30Uhr klingelt, ist es saukalt draußen, und irgendwie ist das mulmige Gefühl von gestern noch in uns. Deshalb ignorieren wir das klingeln und schlafen nochmal ein. Um 8Uhr stehen wir aber dann doch auf, draußen scheint tatsächlich die Sonne. Eine Gruppe Wanderer macht sich am Trailhead für die große Canyon-Wanderung startklar. Ob denen bewußt ist, was hier gestern passiert ist? Wohl eher nicht.
Schließlich siegt aber unsere Unternehmungslust, die Sonne lacht, und heute ist heute. Also ab Richtung Page, um dann auf die Dirtroad zu den Wahweap Hoodoos abzubiegen. Vorbei an der Fish Hatchery, und dann…. stehen wir vor einem breiten Wash, der sich – wie der Paria River gestern - in einen Fluss verwandelt hat. Der Coyote Creek ist heute eher ein Coyote River. Das Ufer ist aufgeweicht und hat sich in einen tiefen Schlamm verwandelt.

Arrgh, wie blöd. Wir versuchen erst noch, zu Fuß eine andere Möglichkeit zur Überquerung zu finden, doch ohne Erfolg. Eigentlich hätte man es sich ja denken können, dass es hier nicht anders aussieht als am Paria River. Einen Versuch war es dennoch wert.
Gezwungenermaßen geben wir auf. Man sinkt überall zu tief ein. Hier ist heute kein Durchkommen. Mal ganz abgesehen davon, dass der gesamte Hike ja eigentlich im Flussbett verläuft.
Jetzt sind wir erstmal ratlos. Auf der Cottonwood Canyon Road war schon gestern Schlamm-Alarm, das wird heute nicht besser sein. Deshalb fällt auch der Yellow Rock aus. Vielleicht bleibt noch die Option, Richtung Alstrom Point zu fahren und dort heute zu übernachten?! Wir fahren zum VC in Big Water und lassen uns beraten. Der Ranger nimmt sich extrem viel Zeit und bestätigt uns erstmal, dass die Cottonwood Canyon Road (CCR) nicht befahrbar sei, gestern gegen 3Uhr nachmittags sei dort eine Familie bei Milepost 4 im Schlamm stecken geblieben und musste geborgen werden. Uuuh, das war nur eine halbe Stunde und eine Meile nach uns! Gut, dass wir umgekehrt sind.
Zur Idee mit dem Alstrom Point meint er, auch dort am Beginn der Smokey Mountain Road müsse ein Wash überquert werden, er wäre nicht sicher, wie dort aktuell die Situation sei. Da es sich aber um den gleichen Fluss wie zum Trailhead der Wahweap Hoodoos handelt, sinkt unsere Hoffnung. Wir überlegen, uns das einfach mal anzuschauen, ist ja von hier nur ein Katzensprung. Abschließend gibt er uns noch einige Tipps für eine mögliche Tour zur White Pocket für morgen.
Am Wash der Smokey Mountain Road angekommen können wir gerade noch beobachten, wie ein RZR nur mit Mühe das andere Ufer erreicht. Die Uferböschung ist ausgespült und abgebrochen, das Wasser hat eine krasse Strömung. Rückzug! Alstrom Point gestrichen, so schade.
In Page tanken wir nochmal voll, danach statten wir dem Lone Rock CG einen Besuch ab. Nicht viel los hier, nur einige amerikanische Riesenwohnwagen mit einer Wagenburg und natürlich einige motorisierte Wasserfahrzeuge.

Ein bisschen planlos fahren wir zurück zu unserem Campground, wo heute ein reges Treiben herrscht. Mehrere Gruppen machen sich bereit für den Canyon-Hike. Unser Touranbieter von gestern ist auch wieder da, noch gründlicher als sonst mahnt er zu Verhaltensmaßregeln und Vorsicht. Jedenfalls ist das unser Eindruck. Ein Satellitentelefon wechselt zudem den Besitzer. Netzempfang gibt es nicht. Obendrein redet er lange auf 3 junge Frauen ein, die offensichtlich sehr unvorbereitet morgen auf eine mehrtägige Tour durch den Canyon starten wollen. Die Nacht wollen sie in ihren Autos auf dem Parkplatz verbringen, um dann früh zu starten. Denen wird er später sogar noch Hikingstöcke besorgen, die sie nicht dabeihaben. Ob all diese Bemühungen immer selbstverständlich sind? Wir glauben eher nicht. Sicher eine Konsequenz aus den gestrigen Ereignissen.
Aber bei all dem: zurück zu unserer eigenen Tagesplanung. Um es auf den Punkt zu bringen: alle unsere Optionen zerfließen mit dem Wasser, das uns überall einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Ein bißchen sitzen wir hier fest. Was also tun, bei diesem strahlend blauen Himmel und Sonnenschein und der guten Wettervorhersage? Nach der betretenen Stimmung gestern siegt heute die Neugier. Wir wollen uns das mal aus der Nähe anschauen und nur ein gaaaaanz klitzekleines bißchen in den Canyon laufen… natürlich nur falls ohne Risiko möglich. Also Neoprensocken an, Wasserschuhe festgezurrt und los geht´s. Das tosende Geräusch des Flusses ist heute nur noch ein mildes Rauschen, der Fluss ein blau-brauner Bach, Wasserstand deutlich gesunken, Fließgeschwindigkeit mindestens halbiert.

Zunächst am Flussufer entlang laufend kommt dann aber bald die erste Stelle, wo das Wasser durchquert werden muss. Mein Mann läuft vorweg und zeigt mir an, wie tief das Wasser ist.

Ich wage die ersten Schritte hinein, meine Güte, die Strömung ist immer noch stark! Vorsichtig setzen wir Fuß um Fuß. Mit Hilfe der Wanderstöcke ist die Stabilität größer. An den tiefsten Stellen reicht mir das Wasser bis zum Oberschenkel. Mehrfach durchqueren wir, bis der Canyon immer enger wird. Überall erkennt man, wie hoch das Wasser gestern gewesen sein muss, ziemlich beeindruckend.



Ohne Permit dürfen (und wollen wir) auch gar nicht sehr viel weiter. Ausserdem sitzt der Respekt vor der Naturgewalt nach gestern sehr, sehr tief. Schließlich drehen wir deshalb um.
So friedlich liegt der Campground heute da, fast alles ist wieder trocken. Das nachmittägliche Licht taucht die Felsen hinter unserer Site in ein warmes Goldgelb, ein traumhafter Platz.


Außer grillen, chillen und Campfire passiert heute nicht mehr viel.

Ach ja: die Autos der Hiker stehen immer noch da, bei 2 von ihnen ist heute das Permit abgelaufen…
LG, eure Inga
Hallo Inga,
ja, das ist wirklich schade, dass ihr auch bei euren alternativen Plänen so durch das Wasser ausgebremst seid. Aber was soll man machen, wenn die Natur so dazwischen fährt ? Ich hätte es euch so gewünscht, die Wahweap Hoodoos zu sehen, aber die erreicht man nur durch das Flussbett.
Aber euer Campground ist ja nicht der schlechteste Platz, eine kleine Auszeit zu nehmen.
Mal schauen, ob es morgen besser wird.
Herzlichen Gruß
Bernhard
Scout Womo-Abenteuer.de
Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)