Nach einer kühlen Nacht strecke ich am Morgen ängstlich die Nase aus der Womoline und schnüffele – verschwunden ist der Rauchgeruch zwar nicht, aber es riecht doch deutlich besser und frischer als gestern. Der Regen hat geholfen und leise Hoffnung macht sich in mir breit, dass wir Teile der gestern geplanten Aktivitäten heute in die Tat umsetzen können. Bewölktes und leicht feuchtes Wetter hin oder her, solange der Blick auf den Crater Lake besser als gestern ist, werden heute Vormittag die Wanderschuhe geschnürt!
Wir verlassen den durchschnittlichen Mazama CG – der hatte es bei Dunst und Regen aber auch nicht leicht – und nehmen die Höhenmeter in Richtung Kraterkante unter die Räder, um dann auf den East Rim Drive abzubiegen und ein paar Viewpoints sowie den Mount Scott Trail anzusteuern.
Teile des East Rim Drives sind in 2023 für Renovierungsarbeiten geschlossen, sodass wir den Crater Lake nicht vollständig umrunden können und wir spätestens am Cloudcap Overlook wieder umdrehen müssen. Diese Arbeiten sind allerdings auch dringend notwendig, selten haben wir in einem Nationalpark so viele Schlaglöcher und ausfasernde Ränder auf einer dazu wirklich schmalen Straße erlebt.
Aufgrund des Wetters – seit der Rechtskurve zum East Rim Drive regnet es Bindfäden – sind wir jedoch fast alleine unterwegs. Wir halten am Phantom Ship Overlook und ich riskiere den ersten Blick von der Rim-Kante am heutigen Tage. Im Vergleich zu gestern ist die Aussicht besser und schlechter gleichzeitig J Die Luftverschmutzung ist wie erhofft deutlich geringer, doch die Feuchtigkeit lässt Teile des Kraters vollständig im Dunst verschwinden … hmpf … willst du uns ärgern, Oregon?
In Anbetracht der kontinuierlichen Nässe von oben bekomme ich den Männe nicht motiviert, einen Trail unter die Füße zu nehmen und so unrecht hat er auch nicht … hinterher stehen wir oben auf einem Gipfel und sehen nur Dunst, dafür ist die Gefahr von nassen Füßen inkl. Blasen einfach zu groß. Wir sind ja schließlich im Urlaub und müssen nicht auf Teufel komm raus alle Aktivitäten durchziehen.
So machen wir bereits am Phantom Ship Overlook kehrt und finden uns kurze Zeit später erneut auf dem gestern noch vor Betriebsamkeit brummenden, aber nun ziemlich leeren Parkplatz vor dem Rim Village ein. Als Gewohnheitstiere nutzen wir dieselbe Parklücke wie gestern, heute hätten jedoch um uns herum noch locker 5-10 weitere Womolinen Platz gefunden J
Zur Aufmunterung gibt es einen leckeren Kaffee aus dem Store und einen prüfenden Blick von der hiesigen Kante, auch hier grau in grau und kein Anzeichen dafür, dass sich dies in den nächsten Stunden nachhaltig ändern könnte, so schade.
Wir beschließen unser (Wetter-)Glück woanders in Oregon zu suchen und den Crater Lake frühzeitig in Richtung Küste zu verlassen. Für die nächsten drei Tage habe ich bewusst keine CGs vorgebucht, um uns spontan entscheiden zu können, ob wir noch mehr Zeit in den Vulkanlandschaften, bei den Wasserfällen oder eben an der rauhen Küste verbringen möchten.
Wir sagen also „Bye bye“ zum Crater Lake NP, der uns gezeigt hat, dass es doch „schlechtes Wetter“ im September im Westen der USA gibt. Einen letzten Stopp am Watchman Overlook, der noch einmal 1000 ft höher als das Rim Village liegt und an sich einen Blick auf Wizard Island aus größerer Nähe ermöglicht, enthüllt … absolut gar nichts. Da bleibt die Spannung für den nächsten Besuch erhalten J
Wir cruisen entlang des West Rim Drive und verlassen den NP kurz nach der North Junction, was uns jedoch begleitet ist das Nieselwetter, welches mal mehr mal weniger nieselig auf uns niedergeht. Der Diamond Lake wird passiert und schwups befinden wir uns auf einer der Straßen, auf die ich im Vorfeld besonders gespannt war, dem Highway of Waterfalls innerhalb des Umpqua National Forest.
Ziel ist, möglichst viele der Falls, die entlang des Highways verteilt sind, anzusteuern, um irgendwo auf der Strecke trockenes Wetter und dann spontan einen schönen Campground für die Nacht zu finden.
Erster Halt sind die Clearwater Falls, die fröhlich vor sich hinrauschen und inmitten des feuchten Grüns wunderbar mystisch aussehen. Diese Fälle sind genau wie einige weitere entlang des Highway 138 über eine kleine, rumpelige Stichstraße zu erreichen, in denen man sich mit einem RV keinen Gegenverkehr wünscht und dann an einer Parkfläche endet. Etwas Gutes hat das Nieselwetter, allzu viele Besucher haben sich heute nicht auf die Socken gemacht, sodass wir recht unbehelligt die Stichstraßen befahren und die Womoline mit einigem Gekurbel parken und wenden können. Bei mehr Verkehr empfiehlt es sich aus unserer Sicht, das Womo auf breiten Seitenstreifen am Highway zu parken und die Strecken dann zu Fuß hineinzulaufen.
Als nächster Stopp stehen die Whitehorse Falls auf dem Plan – schön, aber nicht weltbewegend – und dann mein Favorit, die Watson Falls. Dort gibt es tatsächlich eine gut ausgeschilderte und größere Parkfläche, die wir nutzen, um von dort aus ein Stück in die Vegetation hineinzuwandern, um die Watson Falls, die von weit oben über eine Felskante hinunterfallen, bestaunen zu können.
Nächster Stopp wären die wohl bekanntesten Fälle entlang des Highways gewesen, die Toketee Falls. Gewesen deshalb, weil Zufahrt und Parkfläche vollständig belegt waren und wir kurzerhand den Rückzug antraten.
Das Wetter machte derweil keine Anstalten aufzuklaren, im Gegenteil, es hatte sich so richtig schön eingeregnet. Sollten wir dann wirklich hier irgendwo im Wald campieren und uns den Rest des Tages in der Womoline einquartieren? Irgendwie klang das nicht so prickelnd und so entscheiden wir, ein gutes Stück in Richtung Küste zu fahren und mal wieder einen privaten CG für Laundry und alle sonstigen Zivilisations-Bedürfnisse aufzusuchen. Etwas traurig bin ich schon, hatte ich mich doch sehr auf den „Wasserfall-Tag“ gefreut, doch manchmal spielt das Wetter eben einfach nicht mit.
Bei Roseburg wechseln wir auf die Interstate in Richtung Norden und sehen nach einigen Meilen etwas, von dem uns erzählt wurde, was ich aber als Hirngespinst abgetan hatte: Einzelne obdachlose Menschen, die mit Einkaufswagen und Sack und Pack entlang der Interstate daherstapfen … und das nicht unbedingt in gerader Linie, sondern teils mit ordentlich Schlagseite. Ich mag mir nicht vorstellen, wie viele Unfälle hier passieren, puh.
Einige Meilen später erreichen wir Sutherlin und fahren ab in Richtung des Sutherlin / Umpqua Valley KOA Holiday, bei dem wir problemlos spontan eine Site beziehen dürfen. Wege und Stellplätze sind geschottert und durch kleine Zäune voneinander getrennt, die Dame am Check-In ist besonders lieb. Das „Special“ des Campgrounds ist sein Auto-Kino J Alle Sites sind nach Norden ausgerichtet, wo sich eine große Leinwand befindet, auf der am Abend tatsächlich ein Film läuft. Über eine Radiofrequenz kann man sich den Sound dann direkt ins Womo holen, lustig! Gratis Popcorn gibt es am Office inklusive. Das eigentlich obligatorische Campground-Foto ist dem usseligen Wetter zum Opfer gefallen.
Wir verbringen den restlichen Tag mit Haushaltskrams, nutzen die sehr saubere Laundry, leeren und füllen die Tanks, kochen mehrere Runden Kaffee und gucken TV. Der Wetterbericht für morgen verspricht nichts Gutes, aber als erfahrene Nordsee-Urlauberin weiß ich eines, traue nie dem vorhergesagten Wetter an der Küste!
Spazierbilanz des Tages: Nicht der (nassen) Rede wert.
Lieben Gruß
Annika
Hallo Annika,
Auch wenn man im Nordwesten immer mit rechnen muss, ist so ein Tag nicht wirklich schön.
Liebe Grüße aus Berlin,
Thomas
Locker bleiben, Ball flach halten dann wird es ein perfekter Womourlaub