Womo-Abenteuer

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Tag 34: Rafting in Buena Vista

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Cla
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Tag 34: Rafting in Buena Vista
Eckdaten zum Reiseabschnitt

Endlich ist er da, der Tag, auf den wir schon sehnsüchtig gewartet haben: Heute raften wir auf dem Arkansas River. Wir haben die „Browns Canyon Half Day Tour“ (class III) gebucht, für Anfänger, denn obwohl wir Rafting-Erfahrung haben, wusste ich nicht, wie wild der Fluss hier sein würde und welche Ansprüche an „erfahrene Rafter“ gestellt werden. Rafting in den Rocky Mountains stellte ich mir ziemlich wild vor.

Um 10 Uhr beginnt unsere Tour mit dem Anbieter River Runners, man soll eine halbe Stunde vorher da sein, aber da wir schon aufgeregt sind und ich immer noch nicht weiß, wie wir uns anziehen sollen, ob wir unsere Turnschuhe brauchen usw., sind wir schon um 9 Uhr dort (Übrigens steht auf der website inzwischen, dass man die Ausrüstung gratis dazubekommt). Unser Womo muss hinter dem Haus parken, der Parkplatz vorn ist für Autos.

Ich bin inzwischen unsicher, ob unsere Tour nicht doch zu langweilig für uns ist, wie immer ist meine Familie für die gefährlichere Variante und so frage ich an der Rezeption, ob wir eventuell noch umbuchen können auf die Tour „The numbers“ (class IV-V). Die River Runners sind ein Familienunternehmen, wir haben ein paar Mal gemailt, als ich vor 2 Jahren unsere gebuchte und bezahlte Tour wegen Corona absagen musste. Sie waren sehr nett damals und haben um etwas Zeit gebeten, um uns das Geld zurückzuzahlen, da sie erst einen Kredit aufnehmen mussten. Die Epidemie hat sie schwer getroffen. Als ich dieses Jahr wieder bei ihnen gebucht habe, haben sie mir netterweise den alten Preis von vor 2 Jahren angeboten (ich hatte gar nicht danach gefragt).

Und jetzt sind sie schon wieder total nett: Nachdem sie uns in Augenschein genommen haben, meinen sie, das sei überhaupt kein Problem, nur sollten wir schnell machen, die Tour starte mehr oder weniger jetzt. Sie organisieren in Windeseile einen zusätzlichen guide und ein Boot (wir bekommen ein Boot ganz für uns, toll!!), während wir uns im Womo kurze Hosen und T-Shirts anziehen, und dann unsere Ausrüstung abholen gehen: Da wir alle vier erklären, wir seien kälteempfindlich, bekommen wir eine Art langärmeliger Regenjacken zusätzlich zu den Rettungswesten, Helmen und Neoprenstiefeln. Dann schnell in den Bus, der schon auf uns wartet. Ich schaue mich um, alles sportliche Pärchen, eine kleine Gruppe  von hartgesottenen Männern, und unsere Familie. Ich werde wieder unsicher. Wir sind alle sehr gute Schwimmer, mein Mann kommt vom Leistungssport, aber das ist beim Raften gar nicht das Wichtigste. Da muss man aufpassen, dass man sich den Kopf nicht anschlägt oder unter Wasser zwischen Felsen und Baumstämmen nicht eingeklemmt wird, wenn das Boot kentert oder man aus dem Boot fällt.

Als wir am Abfahrtsort einige Kilometer weiter oben am Fluss ankommen, erklärt uns eine Bootsführerin die Regeln. Vieles wissen wir schon (z.B. wenn man aus dem Boot fällt, unbedingt mit den Füßen voraus in der Strömung schwimmen, damit man sich eventuell mit den Füßen an den Felsen abstoßen kann). Aber ihr Ton ist schon extrem einschüchternd: wenn jemand aus dem Boot fällt und nicht von seinem eigenen oder einem anderen Boot gerettet werden kann, soll er schauen, dass er allein ans Ufer kommt. Die guides würden auf keinen Fall ihr Leben riskieren, jeder ist auf sich selbst gestellt. Wenn man verletzt ist, soll man 911 NUR in Lebensgefahr rufen, ein gebrochenes Bein zum Beispiel ist kein ausreichender Grund. Man würde dann schon nach einer Weile vom Rafting Anbieter gefunden werden. Nach dieser Einleitung ist mir ziemlich mulmig zumute, aber mein Mann meint, die machen einem absichtlich etwas Angst, um das Rafting spannender zu gestalten. Wer weiß?

 

              

 

Dann laden wir unsere Boote ab, unser guide ist ein junger Mann, der uns antreibt, und so sind wir das zweite Boot, das ablegt. (Circa 8 Boote für je 6 Personen fahren mit etwas Abstand hintereinander den Fluss hinunter, das sind die Leute, die mit uns im Bus waren). Vorher entscheidet er noch, wo jeder von uns sitzen muss, damit das Gewicht richtig verteilt ist. Wir erklären ihm, dass mein Mann vorn sitzen muss, er ist völlig unfähig, sich einem anderen Ruderer anzupassen, deshalb passen wir uns ihm an. Auf der ersten ruhigen Strecke wiederholen wir die Kommandos: „rechts vor, rechts zurück, alle vor“, usw.). Kein Problem, das können wir, manchmal bringt mein Mann vor und zurück durcheinander, aber insgesamt geht es sehr gut, und unser guide ist zufrieden. Dann kommen die ersten rapids und wir haben eine Menge Spaß. Ich habe gar keine Angst mehr, im Gegenteil. Der guide nennt uns die Namen der rapids, die Schwierigsten haben nur Nummern, daher der Name „numbers“. Da wir ihm gut folgen, will der guide jetzt auch Spaß haben, und lässt uns vollkommen unnötige Dinge tun: wir drehen uns ein paar Mal, fahren rückwärts, dann wieder durch besonders enge Durchfahrten zwischen 2 Felsen, ein oder zweimal bleiben wir hängen oder setzen auf, dann müssen wir uns durch kräftiges Ruckeln und gezielte Ruderschläge wieder befreien. Und dann ist es leider auch viel zu schnell wieder vorbei.

 

     

        

      

        

        

    

    

Diese Fotos sind alle screenshots von Videos, die mein Mann während des Raftings gemacht hat, deshalb die schlechte Qualität. Sie geben aber doch einen guten Eindruck vom Rafting, wenn jemand sehen will, wie "wild" es war. Mein Mann und unser Sohn vorn wurden oft nass, meine Tochter und ich hinten auch, aber weniger.

 

Wir treiben noch eine Weile den nun trägen Fluss hinunter, dann sind wir am Zielort und müssen unser Boot aus dem Wasser auf den Anhänger tragen. Wie schade!!! Der guide meint, es hätte ihm wahnsinnig leid getan, wenn wir die andere Tour gemacht hätten, die wäre nichts für uns gewesen. Im Bus erzählt er den anderen guides, was wir für tolle Passagen gemeistert haben, wir bekommen Applaus, und die sonnenverbrannten hartgesottenen Männer mit ihren großen Muskeln und dicken Bärten schauen uns ein wenig neidig an. Jaja, wer ko, der ko. Wir freuen uns auch, wussten wir doch gar nicht, dass wir so besondere Passagen geschafft haben.

Auf dem Rückweg fährt der Bus nicht die Landstraße wie auf der Hinfahrt, sondern am Fluss entlang, durch winzige kleine Eisenbahntunnels, und der älteste guide (vielleicht der Besitzer) erzählt viel von früher. Zum Beispiel, dass verschiedenen Eisenbahngesellschaften um die Wette gebaut hätten, denn die Strecke gehörte letztlich dem, der sie fertigstellte, danach waren alle Gleise seine, auch wenn sie von anderen gebaut worden waren. Es gab jede Menge Morde damals, und es klingt sehr nach wildem Westen.

Als wir durch Buena Vista fahren, erklärt er, wie sehr sich der Ort seit Anfang der Corona-Epidemie verändert hat: früher war das ein verschlafenes Nest mit 2 saloons: in der einen trafen sich die Cowboys, in der anderen die Rafter. Oft gerieten die beiden Gruppen aneinander, sich selbst beschreibt er in diesem Zusammenhang als „fast talker, fast runner“. Heutzutage wäre der Ort sehr gewachsen, es seien seit Anfang der Epidemie viele Leute hierher gezogen, die online arbeiten könnten. Deshalb seien die Preise unglaublich gestiegen und die Lokalbevölkerung finde nur noch schwer bezahlbare Mieten. Obwohl er ja vom Tourismus lebt, sieht er ihn kritisch, das gefällt mir. Und die Fakten sind wohl überall auf der Welt die gleichen.

Zurück am Ausgangspunkt frage ich nach, wie viel wir noch bezahlen müssen (The Numbers-Tour kostet 10$ pro Kopf mehr). Heute Morgen war keine Zeit mehr, wir wollten das nach der Tour regeln. Die nette Besitzerin Becky meint, es sei ok so, wir könnten ja dem guide Trinkgeld geben. Das hätten wir sowieso gemacht, aber jetzt bekommt er natürlich mehr!

Dann laufen wir zu unserem Womo hinter dem Haus, mein Mann hat dort eine warme Dusche gefunden, wo er und die Kinder duschen, ich hingegen dusche im Camper. Dann gibt es Mittagessen, wir haben alle ordentlich Hunger, und nach einer kurzen Pause fahren wir zur Ghost Town Saint Elmo, 11 Meilen hinter den Mt. Princeton Hot Springs. Als wir an den Springs vorbeifahren, sehen wir von oben die pools, und sind einstimmig der Meinung, dass unsere am Rio Grande viel schöner waren. Diese hier sind voll, nicht so abgelegen, viel zu nah an der Straße, und so weiter…  So kann man sich über Dinge freuen, die gelungen sind.

Die Straße nach Saint Elmo führt schön durch den Wald und ist anfangs noch geteert, wird aber bald ein Schotterweg. Das ist anstrengend zu fahren, aber wir haben ja Zeit und fahren langsam. Immer wieder treffen wir Autos mit Anhängern, auf denen quads stehen. Die Gegend hier ist wohl ein beliebtes Ziel der Quad-Fahrer, und als wir dann endlich an den großen Parkplatz in Saint Elmo kommen, ist der auch ziemlich voll. Wir finden noch ein Plätzchen und laufen los in Richtung Häuser. Diese ghost town ist eine echte ghost town, das heißt, sie ist nicht wieder hergerichtet für Touristen. Von den 43 Häusern sind die allermeisten halbverfallen, nur einige wenige werden in letzter Zeit wohl wieder von ihren Besitzern/Erben restauriert (wir sehen eine Familie, die räumt und putzt). Bis auf die Kirche, eine alte Schule und ein Wohnhaus kann man nichts besichtigen. Außer den General Store natürlich. Der hat für Touristen offen, und verkauft alles Mögliche, vor allem aber Futter für die chipmunks. Es gibt hier 4 verschiedene Arten und auf gefällten Baumstämmen sitzen schon eine Menge Leute und füttern die niedlichen Tiere. Wir haben ja bis jetzt immer durchgehalten und ihnen nie etwas gegeben, aber hier kann ich unserer Tochter natürlich nicht nein sagen. Sie ist überglücklich, wir sitzen in der Sonne und füttern die Tiere, sie springen auf und über uns, es geht zu wie auf einem Bazar. Ich wundere mich ein bisschen, dass das Füttern hier erlaubt ist; wenn die Tiere Krankheiten übertragen, tun das doch wohl auch hier?? Wir müssen nachher im Womo gründlich die Hände waschen! Schließlich füttert unsere gesamte Familie, mein Mann kauft nochmal Futter nach, süß sind diese Tierchen schon. Nur die großen grauen squirrels soll man nicht füttern, die sind aggressiv und beißen.

 

 

         

 

        

 

   

 

  

 

Vor dem general store, der auch viele antike Werkzeuge usw. verkauft, hängt eine Vogeltränke für Kolibris und wir bewundern die glitzernden Minivögel ausgiebig.

   

 

Schließlich fahren wir zurück, heute Nacht übernachten wir ja auf dem Ruby Mountain Campground, der auch zur Arkansas Headwaters Recreation Area gehört. Wie gestern müssen wir zweieinhalb Meilen Schotterstraße dorthin fahren, es geht durch einen kleinen Tunnel und insgesamt ist die Straße nicht besser als die zum Hecla Junction CG gestern. Ich hatte diesen CG gewählt, um 15 Kilometer hin und 15  zurück zu sparen, und weil der Schotterweg dorthin einfacher erschien. Dafür ist der Campingplatz selbst viel weniger schön! Wir haben site 1322, sehr abgelegen, aber auch weit weg vom Fluss. Da uns die site nicht besonders gefällt und wir näher zum Fluss wollen, fahren wir mit dem Womo zurück zum camphost und bitten ihn um eine andere site. Er ist sehr freundlich, wir dürfen auf eine site, die normalerweise immer für Notfälle leer steht. Auch nicht besonders schön, aber nur 20 Meter vom Fluss entfernt. Die Kinder chillen im Womo und auf unserer site; mein Mann und ich gehen zum Fluss hinunter: der Zugang hier ist die große Abfahrts- und Anlegestelle für Boote, sie ist bis zum Fluss runter geteert. Es ist nichts mehr los, die Raftingboote sind alle schon zurückgekehrt. So beobachten wir 2 Jungen, die ihr Boot fertigmachen: mit Generator aufpumpen, Zelt, Schlafsäcke und Gepäck in wasserdichte Säcke, diese Säcke verstauen und mit Gurten festzurren, ein Netz für die kalten Getränke wird hinten festgemacht. Das alles bei lauter Reggaemusik, ein paar Bier und etwas pot. Mein Mann fragt, was sie vorhaben. Antwort: Sie werden heute Nacht irgendwo entlang des Arkansas River zelten und morgen müssen sie zurück, das eine ihrer zwei Autos stünde schon am Zielort. Das stelle ich mir sehr schön vor und ein bisschen beneide ich die beiden (In der Nacht dann allerdings nicht mehr, denn es schüttet wie aus Kübeln)!

 

     

 

Wir gehen zurück zum Womo und essen (kein Fleisch heute, wir sind an keinem Supermarkt vorbeigekommen, und unser Kühlschrank geht ja ohne Strom jede Nacht aus) und gehen schlafen. So ein toller langer Tag!

 

    

    

 

Als ich dann so gegen elf wegen des Sturms nochmal aufwache und rausschaue, sehe ich ein Auto, dass erst eine Runde auf dem Bootsparkplatz dreht, dann eine Runde über den campground fährt, und schließlich gleich neben uns vor dem Häuschen mit pit toilet und Umkleideraum stehen bleibt. Neugierig linse ich weiter hinaus. In dem Auto ist ein sehr junges Mädchen, so um die 20. Sie steigt vorn aus, hinten wieder ein, dann sehe ich noch eine Weile das Licht der Taschenlampe, sie räumt irgendetwas, schließlich geht das Licht aus. Die übernachtet wahrscheinlich hier. So jung, und ganz allein in einem Auto! Wahrscheinlich hat sie hier auf dem Campingplatz weniger Angst. Als ich in der Nacht nochmal aufwache, um aufs Klo zu gehen, steht das Auto immer noch da, aber am Morgen so gegen 7 Uhr ist sie schon weg…

JoIn
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Beigetreten: 12.01.2013 - 11:20
Beiträge: 988
RE: Tag 34: Rafting in Buena Vista

Liebe Claudia,

klasse, es geht weiter! Da habt ihr ja eine großartige Rafitng Tour gemacht - Respekt! Ich hätte auch Angst bekommen, nach dem, was euch da gesagt wurde, von wegen Beinbruch und nicht 911 anrufen und so...

Aber ihr habt es bravurös gemeistert, super!

LG Inga

suru
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Beigetreten: 05.03.2011 - 20:13
Beiträge: 6711
RE: Tag 34: Rafting in Buena Vista

Hallo Claudia,

was für ein tolles Erlebnis, vor allem nach der öden Strecke von gestern! Wir haben in 2014 mit River Runners die Ganztagestour gemacht, am Tag vorher waren wir in den Hot Springs. Wir reden immer noch davon, wird bei euch bestimmt auch so sein. Das sind vor allem für die Kinder die Erlebnisse, die nicht vergessen werden.

 

Liebe Grüße

Susanne
Scout Womo-Abenteuer.de

Reiseberichte

Cla
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Beigetreten: 24.06.2019 - 14:55
Beiträge: 489
RE: Tag 34: Rafting in Buena Vista

Hallo Inga

ja, es war echt toll. Wir können die Tour allen empfehlen, allerdings ist im Juni der Fluss um einiges wilder. Das sollte man wissen.

 

Hi Susanne

die River Runners habe ich, wenn ich mich recht erinnere, aus deinem Reisebericht. Danke nochmal, ein wirklich nettes, ernsthaftes und zuverlässiges Unternehmen!!

 

Liebe Grüße

Claudia 

Bernhard
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Beigetreten: 21.08.2009 - 15:31
Beiträge: 15857
RE: Tag 34: Rafting in Buena Vista

Hi Claudia und Susanne,

eure Begeisterung rechtfertigt eindeutig einen Highlight-Eintrag smiley , damit es auch besser gefunden wird. Schaut ihr mal drüber, ob es so rechtist oder noch etwas ergänzen wollt.

Viele Grüße

Bernhard

Scout Womo-Abenteuer.de


Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)