Womo-Abenteuer

Nordamerika im Wohnmobil erleben!

Tag 12: Horseshoe Bend und Baden im Colorado

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Cla
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Beigetreten: 24.06.2019 - 14:55
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Tag 12: Horseshoe Bend und Baden im Colorado
Eckdaten zum Reiseabschnitt
Reisedatum: 
Sonntag, 26. Juni 2022
Gefahrene Meilen: 
0 Meilen
Besuchte Highlights: 
Fazit: 

Am nächsten Tag schlafen wir lang, aber so gegen 9 Uhr wird mein Mann ungeduldig und scheucht uns aus den Betten. Nach dem Frühstück fahren wir zum Horseshoe Bend, der Riesenparkplatz ist halb leer, aber der Weg hinunter zum Aussichtspunkt ist trotzdem ziemlich voll. Wie schaut es hier wohl aus, wenn der Parkplatz voll ist?

Wir machen ein paar Fotos, schauen ein paar Booten nach, aber ich bin nicht besonders beeindruckt, wahrscheinlich habe ich zu viele Bilder gesehen, und auch die ganze Atmosphäre gefällt mir nicht. Von Landschaft genießen kann keine Rede sein. (Ein bisschen sind wir auch selber schuld, wir hätten ja viel früher kommen können…). Wir bitten einen Typen um ein Familienfoto, er fragt, wo wir her sind, und sagt dann in etwas mühsamen Italienisch, dass auch er Italiener sei, seine Eltern seien eingewandert. Woher seine Eltern denn seien, wollen wir wissen. Napoli. Wir scherzen „Bella Napoli“, „Pizza“, etc. und plötzlich fängt der Typ an, waschechtes Neapolitanisch zu sprechen. Uns bleibt vor Überraschung die Spucke weg. Italienisch kann er nicht wirklich, aber den Dialekt perfekt. Wir lachen mit ihm über unsere dummen Gesichter, vor allem unser Sohn findet diese Begegnung bis heute sehr lustig.

Dann sind die Kinder und ich dieses Touristenortes überdrüssig und wir laufen zurück. Was für eine Hitze hier! Mein Mann kommt später nach, er schaut und fotografiert, und lässt sich von den anderen Leuten nicht stören. Gut, dass wenigstens einer beeindruckt ist.

 

        

        

 

Zurück im Camper beraten wir, was wir den Rest des Tages machen könnten. Der Lake Powell mit seinem niedrigen Wasserstand verlockt uns nicht zum Baden, man muss weit zum Strand laufen und es gibt keinen Schatten. Ich erinnere mich an Richards Badeplatz (Tipp aus dem Forum) und wir fahren zum Antelope Point. Den Badeplatz finden wir nicht, aber wir parken an der Boat Launch Ramp und essen erst einmal. Der Parkplatz ist fast leer. Ein kleines kaputtes Auto parkt und drei Personen steigen aus: eine sehr alte Frau mit einem großen bunten Rock, ein etwa 50jähriger Mann und eine ca. gleichaltrige Frau, die kaum laufen kann. Mexikaner? Wir laufen die Rampe so weit es geht runter. Dann klettern wir linkerhand über große Steine und Felsen zum Colorado hinunter. Am Ufer angekommen klettern wir ins Wasser: kühl und erfrischend ist es in dieser Hitze. Nach einer Weile sehen wir die Mexikaner zu uns herunterklettern, es sind der Mann und die alte Frau, die kranke Frau bleibt am unteren Rand der Launch Ramp stehen. Die alte Frau tut mir leid, sie schaut aus, als ob sie jeden Moment stürzen könnte. Was die wohl hier wollen, hier ist kein Badeplatz, wir haben uns einfach einen Zugang zum Wasser gesucht. Unser Sohn meint scherzhaft: Die klauen uns jetzt unser Zeug! Da wir als Italiener bei so was misstrauisch sind, bitte ich unsere Tochter, die dem Ufer am nächsten ist, sich zu unseren Sachen (Pässe, Geld, etc.) zu setzen. Es war einfach ein Reflex von mir, später fragte ich mich, wie die alte Frau uns denn hätte entkommen sollen. Die beiden klettern aber vorbei an unserer Stelle und setzen sich ca. 10 Meter weiter auf die Felsen. Der Mann zieht eine Flasche hervor, und ich denke, naja, vielleicht wollen sie hier am Wasser ein Bierchen trinken. Wir kümmern uns nicht weiter um sie, und kühlen uns im Fluss. Als dann mein Blick wieder auf sie fällt, sehe ich den Mann murmeln und gestikulieren. Winkt er uns? Mein Mann winkt zurück, aber die beiden beachten uns nicht. Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen: das sind keine Mexikaner, sondern Indianer, und sie machen irgendeine Zeremonie. Ich bitte meinen Mann, nicht weiter zu winken, um nicht zu stören. Wir steigen aus dem Wasser und trocknen uns ab. Die Indianer sind wohl fertig, sie klettern zurück, wieder direkt an unserem Platz vorbei. Ich biete der alten Frau die Hand an, um über einen großen Stein zu steigen und sage zu dem Mann entschuldigend „I hope we didn’t disturb you!“. Ich muss ihn wohl erwartungsvoll angeschaut haben, denn er zögert einen Moment, dann sagt er, dass seine Frau krank sei, und sie für sie gebetet hätten. Da sie nicht zum Wasser kommen könne (er zeigt auf die Frau, die auf der Rampe wartet), müssten sie ihr das Wasser bringen. Er deutet auf die Flasche. Dann erklärt er noch, dass der Colorado für die Navajos heilig sei. Ich traue mich nicht, ihm weitere Fragen zu stellen, er wirkt sehr reserviert, und ich bin dankbar, dass er mir erklärt hat, was er und die alte Frau am Fluss gemacht haben. Ich wünsche ihm alles Gute für seine Frau, dann klettern die beiden zurück. Wir bleiben noch eine Weile, dann brechen auch wir wieder auf.

Das Erlebnis mit den Indianern hat mir den Blick geschärft: Als wir am unteren Rand der launch ramp ankommen, sehe ich dort eine Gruppe Indianer dem Fluss zugewandt stehen. Ein junger Mann hat ein Neugeborenes in den Händen, hält es hoch und rezitiert etwas. Drei Frauen stehen ihm gegenüber und schauen aufs Wasser. Sie scheinen vollkommen konzentriert und wie in ihrer eigenen Welt. Ich bin dankbar, etwas vom „echten“ Leben der Indianer mitzubekommen. Nichts, was man Touristen erklärt, sondern wahren gelebten Alltag. Es überrascht mich, dass sie ihre Zeremonien in ganz normaler Kleidung abhalten, an ganz normalen Orten. Obwohl wir alle aufgeklärt sind und viel wissen, habe ich mir doch immer vorgestellt, dass die Zeremonien der Indianer streng geheim seien und in indianischer Kleidung zelebriert würden. Schön, dass ihre Kultur so gegenwärtig ist. Mein Sohn ist überrascht, wie resilient diese Kultur ist, in Zeiten der Globalisierung kämpfen die Indianer darum, dass ihre Traditionen überleben.

 

Kein gutes Bild, aber unser einziges von Antelope Point: links der Parkplatz, rechts die Launch Ramp.

 

          

 

          

 

Auf dem Rückweg nach Page kommen wir an einem Indianermarkt vorbei, nichts großes, zehn bis fünfzehn Stände zirka. Wir haben Glück, diesen Markt gibt es nur einmal in der Woche. Wir bewundern Schmuck, kaufen Ketten und Ohrringe, alles zu akzeptablen Preisen. Auch einen Maisbrei aus blue corn probieren wir. An einem Stand verkauft ein alter Mann traditionelle indianische Medizin. Er ist offensichtlich stolz auf seine Medikamente und erklärt uns alles ausführlich. Am Schluss kaufen wir für 5$ ein Pulver gegen Mücken (aus sagebrush, wenn ich mich recht erinnere), um uns so bei ihm zu bedanken. Auch Indianer kaufen bei ihm und ich freue mich, dass der Stand kein Fake für Touristen ist.

 

  

 

Danach fahren wir am Lower Antelope Canyon vorbei, damit wir morgen früh wissen, wo wir hinmüssen. Da wir noch Zeit haben, möchte mein Mann noch etwas von Page sehen, außer Las Vegas haben wir noch keine Stadt (kein Städtchen) besichtigt. Wir fahren mit dem Womo ein bisschen durch die Straßen der old town: alles einstöckige Häuser, die meisten haben ihre Vorgärten geschmückt, mal kreativ, mal traditionell, mal verrückt. Sehr kurzweilig. Aber es gibt auch viele alte Baracken, sie sind hässlich und heruntergekommen.

Schließlich fahren wir zum CG zurück, waschen Wäsche, grillen und spielen noch ein wenig Karten. Morgen geht’s zum Grand Canyon!

Matze
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Beigetreten: 13.05.2014 - 18:58
Beiträge: 5119
RE: Tag 12: Horseshoe Bend und Baden im Colorado

Hallo Claudia 

ich hole gerade die Tage ab CBS auf. 
 

Das kühle Bad, eine Wohltat bei der Sommerhitze. Wir waren auch dort , allerdings Ende September und bei höheren Wasserstand ( 2014). 
 

Die Schilderung und Beobachtung der Native Americans fand ich schön zu Lesen. Für mich sind es diese Eindrücke an die man sich noch nach sehr vielen Jahren erinnert. Sowas „verwächst“ mehr im Langzeitgedächtnis als der Blick runter zum großen Bogen.

Damke fürs Teilen.

Liebe Grüße
Matthias
Scout Womo-Abenteuer.de

Südwesten USA in 5 Wochen Herbst 2014

Cla
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Beigetreten: 24.06.2019 - 14:55
Beiträge: 489
RE: Tag 12: Horseshoe Bend und Baden im Colorado

Hallo Matze

Indigene Kulturen interessieren mich immer. Sie geben den Reisen ja auch noch mal eine ganz andere Dimension.Ich war auch sehr glücklich, sie ein bisschen (diskret) beobachten zu können.

Liebe Grüße

Claudia