Tag 08: Lower/Midway/Upper Basin oder auch "Who needs Old Faithful?"

Wetterbericht: morgens 10°C, nachmittags 22°C und sonnig

Für den heutigen Tag stehen Lower, Midway und Upper Basin auf dem Programm, ausserdem ein Wechsel auf den Grant Village CG. Nach den Erfahrungen der letzen Tage bezüglich der Parkplatzschwierigkeiten wollen wir wieder früh starten, daher klingelt der Wecker um 6:20 Uhr. Planmäßig starten wir gegen 8 Uhr, füllen an der CG-Ausfahrt den Wassertank auf und fahren Richtung Süden.

Der erste Stopp ist der Fountain Paint Pod. Der Parkplatz ist noch recht leer, obwohl schon einige Besucher im frühen Morgenlicht unterwegs sind. Zauberhaft brodelt und dampft es überall - wunderschön, in allen Farben vor dem blauen Himmel. Das hier gefällt uns richtig gut.

Die kleine Runde ist schnell beendet, und weiter geht es zum Lower Geyser Basin. Die Spannung steigt. Auf das heutige Programm hatte ich mich ganz besonders gefreut.

Obwohl es erst halb zehn ist, erwartet uns nun wieder das Parkplatz-Problem. Wir geraten in eine hitzige Diskussion über den einzigen freien längeren Parkplatz mit einer Busfahrerin, die ihn für sich beansprucht. Wir erklären unsere Frustration; der Yellowstone NP ist eben nicht auf RV´s ausgerichtet, obwohl es diese wunderschönen Campgrounds gibt. Sie lenkt ein, weicht aber nicht von der Stelle. Mit großem Glück erwischen wir dann schließlich eine andere Parkmöglichkeit.

Nun aber los: über die Gehsteige gelangen wir durch ausgedehnte Dampfwolken zum Grand Prismatic Spring. Von hier unten und direkt aus der Nähe kann man seine ganze Ausdehnung nicht erahnen, der Dampf tut sein Übriges.

In den Randbereichen leuchten atemberaubend schön alle Farben, ein unglaubliches Schauspiel der Natur. Der böige Wind bläst immer wieder den Dampf weg, so dass man größere Ausblicke hat. Trotz der vielen Besucher genießen wir ausgiebig. Von hier unten ist oben am Hügel auch die Plattform zu erkennen, die vor einigen Jahren gebaut wurde, damit die Besucher nicht auf eigenen Wegen hinauf auf den Hügel alle Pflanzen zertreten.

Die Plattform ist unser nächstes Ziel, und, ihr ahnt es schon, RV-Parken dort wieder nur schwer möglich. Wir finden schließlich eine sehrsehr schräge Haltebucht an der Straße neben dem Parkplatz, halb auf dem Schotter-Randstreifen. Als wir anhalten, stehen wir zur seitlichen Wiese hin so schräg, dass ich Sorge habe, im böigen Wind könnte unser Womo umkippen. Eine Alternative gibt es aber nicht, also Augen zu, beten und los.

Der Schotterweg zur Plattform ist recht uneben, aber hier sind doch tatsächlich Familien mit Kinderwagen unterwegs! Dafür ist er nun wirklich nicht geeignet. Vor allem das letzte Stück, wo es nochmal richtig bergauf geht, stellt die Buggy-Fraktion vor unüberwindbare Hindernisse. Als wir oben ankommen, halten wir einmal die Luft an: was für ein großartiger Anblick! Erst jetzt erkennt man die gigantisch-großen Ausmaße des Grand Prismatic Spring. Die Menschen auf den Gehsteigen sind wie kleine Ameisen.

Weiter geht es zum Biscuit Basin, eine Runde auf dem Parkplatz: nichts zu machen, ok, dann unverrichteter Dinge weiter zum Old Faithful. Als wir am Inn ankommen, wird der nächste Ausbruch in 15min erwartet. Das Spektakel möchten wir sehen, obwohl es bereits furchtbar voll ist, in mehreren Reihen sitzen die Leute auf Bänken und stehen noch dahinter. Der Ausbruch beginnt nicht mit einer Wasserfontäne, sondern - viel spannender - mit einem Rumoren unter der Erde. Die Fontänen finden wir tatsächlich gar nicht so beeindruckend, irgendwie ist man nicht nah genug dran, und das Erlebnis hat etwas von Hollywood-Theatershow mit Tribüne.

Wir gönnen uns eine Frozen Yoghurt Pause in der Lodge und überlegen auf dem Rückweg, wie das weitere Programm aussieht. Während wir noch diskutieren, ruft mein Mann: schaut mal, hinter euch! Ein Geysir jenseits des Flusses spuckt eine wirklichwirklich hohe Fontäne aus, mit einem lauten, hochfrequenten Strahlgeräusch. Es ist der Beehive Geyser, der nur alle 1-2 Tage aktiv ist, wir können unser Glück kaum fassen! Mindestens so beeindruckend ist das Schauspiel unmittelbar vor dem Geysir auf dem Gehsteig: die Besucher, die dort gerade nichtsahnend spazieren, fangen an zu kreischen, als der Wind die Fontäne zu ihnen rüberbläst. Sie rennen in die andere Richtung, jetzt aber nichts wie weg...

Die Teenager sind in echter Teenager-Manier Geysir-satt und chillen lieber im Wohnmobil. Wir Erwachsenen möchten aber noch einiges sehen, wenigstens der Morning Glory Pool soll es noch werden. Auf der Tafel sieht es nicht weit aus bis dorthin. Obwohl wir zügig unterwegs sind, brauchen wir dann aber doch fast 2 Stunden hin und zurück, auch weil so viele kleine und große Wunder am Gehsteig-Rand zu entdecken sind. Meine persönlichen Highlights sind der "Heart Spring" und "Grottos Geyser".

Keines aber reicht an den Morning Glory Pool heran. Ehrfurchtsvoll halte ich bei seinem Anblick den Atem an. Die Farben sind genauso wunderschön wie auf den Bildern, die ich zuvor gesehen hatte! Nein, sogar besser.

Weil wir die Teens nichts so lange alleine lassen wollen, gönnen wir uns auch auf dem Rückweg nicht viel Zeit. Am Grant Geyser staunen wir über die große Menschenmenge, die sich dort versammelt hat. Dann sehen wir das Schild: nächster Ausbruch in knapp 30min. Nun ist guter Rat teuer: beide warten und schauen, einer warten und schauen (der andere zurück zu den Teens) oder beide zurück zu den Teens? Wir entscheiden uns der Fairness halber schweren Herzens für die letzte Variante und laufen Richtung Womo zurück. Dann aber meint mein Mann:"Geh du doch zurück zum Geysir. Ich gehe allein zum Womo." Ich überlege nur kurz, freue mich über sein Angebot und laufe flink zurück. Ein Sitzplatz auf dem Gehsteig ist am Rand noch frei. Es dauert nur noch 10min, dann geht es ganz plötzlich los.

Eine Fontäne schießt hoch in den stahlblauen Himmel, die nächste noch höher - es ist, als wollte jede besser sein als die vorherige. Der Wind bläst den Wasserdampf Richtung der Bäume dahinter; deshalb sind sie so weiß, fast gespenstisch! Über 10 Minuten geht das Schauspiel, jede Fontäne begleitet von einem Raunen der Menge, und am Ende klatschen alle, ehrfürchtig und bewegt. Dennoch ist die Stimmung komplett anders als beim Old Faithful: unbeschreiblich, still und staunend.

Who needs Old Faithful?!?

Das hier war Millionen Mal besser. Schade nur, dass der Rest der Familie nicht teilhaben konnte.

Satt von den Eindrücken starten wir unsere letzte Etappe zum Grant Village CG, auf dem wir für eine Nacht reserviert haben. Bei der Registration erfahren wir, dass hier neben Bären auch eine Elchkuh mit Jungem unterwegs ist. Wir beziehen unsere Site, gleich beim Eingang, A5. Sehr groß und eigentlich ganz hübsch, bis auf die direkt am CG verlaufende angrenzende Straße, die allerdings nur zur Picnic-Area führt.

Wir nutzen die Duschen und laufen den kurzen Weg zum Visitor Center, entlang des Yellowstone Lake.

Da alle hungrig sind, fange ich an zu kochen, heute mal nicht vom Grill, sondern es gibt Weißkohl-Kartoffel-Eintopf; mit Zwiebeln und etwas Sojasauce gleichermaßen vegan wie lecker; für die Nicht-Veganer gibt es auf Wunsch SourCream dazu (geplant war das Essen nicht, ich hatte den Weisskohl beim Einkauf für einen Eisbergsalat gehalten.... und aus der Not eine Tugend gemacht).

Danach folgt das obligatorische Campfire und S´mores. Plötzlich quiekt unsere Große erschrocken und fasziniert zugleich:"Was ist denn das?" Wir drehen uns in die Richtung, in die sie schaut: da schreitet eine riesige Wapiti Hirschkuh keine 20m entfernt über die Straße. Schnell schnappe ich mir meinen Fotoapparat und schleiche in gebührendem Abstand hinterher. Unsere CG-Nachbarn, mit laufendem Generator, bekommen das Spektakel nicht mal mit, obwohl das Tier in aller Seelenruhe auf ihrer Site grast.

Der Abend endet gemütlich am Lagerfeuer; es ist kalt geworden. Morgen klingelt der Wecker noch früher als sonst, deshalb verschwinden schließlich alle im Bett.

Eure Inga