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day 15-16: Bryce / Collet Top / Ring of Fire

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Bolly_Bollo
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day 15-16: Bryce / Collet Top / Ring of Fire
Eckdaten zum Reiseabschnitt
Reisedatum: 
Freitag, 13. Oktober 2023
Gefahrene Meilen: 
0 Meilen
Fazit: 
on the dark side of the sun ...
... 
 
yv
 
... wir sitzen im warmen Sand und geniessen diesen wundervollen Anblick und die himmlische Ruhe,
doch urplötzlich umgibt uns ein seltsames Zwielicht, die Sonenstrahlen verlieren an Kraft, die Licht wirkt fahl und blass.
Eine gewisse Spannung liegt in der Atmosphäre, als ob die Natur selbst den Atem anhalten würde ...
 

Aber Halt - Stopp !
Ich möchte ja nicht zu weit vorgreifen,
fangen wir doch einfach ganz von vorne an:
 

______________________________________________________________________________________________________


Tag 15:
 
Das Wetter ist weiterhin klar und sonnig, Nachts aber eben empfindlich kalt.
Eigentlich war heute noch die kurze Canyoning-Tour durch den Keyhole Canyon geplant (Permit erforderlich), aber die Ranger rieten davon ab.
Und obwohl wir ja eigentlich so gut wie nie auf die Ranger hören da diese meist maßlos übertreiben, diesesmal haben sie absolur Recht: Nachts hat es Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt, das Wasser im Keyhole Canyon wäre wohl ähnlich temperiert, der Canyon tief und dunkel - selbst mit Neoprenanzug kein Zuckerschlecken.
Auf unserem Plan stand auch eine Dreitagestour durch den Paranuweap Canyon, landschaftlich spektakulär, man bewegt sich fast den ganzen Tag im Wasser. Eine Tour ähnlich der Narrows, aber selten besucht und schwieriger zu erreichen (entweder Tageswanderung oder per 4x4). Aufgrund der tiefen Wasser- und Nachttemperaturen entscheiden wir notgedrungen den Paranuweap auf das nächste Mal verschieben, wenn wir wieder mal in der Gegend sein sollten (2026?).

Daher heisst es jetzt für die nächsten Tage umzudisponieren,
aber zum Glück ist das ja hier das kleinste Problem, Alternativen gibt es ja an jeder Ecke!

Nach einem ausgiebigen Frühstück verlassen wir also den Zion in Richtung Osten.
Auf dem Weg passiern wir erneut die fotogenen Felsen des Red Canyon ...

rr

... und statten natürlich auch dem wundervollen Bryce Canyon einen kurzen Besuch ab.
 
bryce
bryce 33

Dann stoppen wir am "Powell Point Overlook" direkt neben dem Scenic Byway 12. GPS: 37.63954170894101, -111.84428007557634
Von hier hat man einen faszinierenden Blick auf den sogenannten "last blank spot of the USA".
Auf den frühen Karten des Neunzehnten Jahrhunderts war dieser Teil des amerikanischen Westens tatsächlich noch ein weißer Fleck
- the great unknown - ein großes, leeres Nichts!
Der letzte noch nicht erforschte Teil der USA.
 
ttt

Erst 1871 im Zuge der zweiten Powell Expedition wurden die steilen Hänge dieser Badlands betreten, vermessen und kartographiert, geleitet von einem gewissen General Powell.
Ja, genau jener John Weslwey Powell der 1869, also vor genau 154 Jahren, als erster den Green River befuhr (dort wo wir vor wenigen Tagen erst auf seinen Spuren gewandelt waren), und anschliessend den waghalsigen Ritt auf dem Colorado durch die Schluchten des Grand Canyons wagte. Man muss wissen, Major Powell (er hatte nur noch einen Arm) und seine Männer waren wie eine Mischung aus Indiana Jones, Bear Grylls und McGyver. Trotz widrigster Bedingungen kamen sie (fast alle) durch – und schrieben Geschichte. Zu dessen Ehre ist nach ihm auch der heutige Lake Powell benannt.

Tja, hätten wir damals schon gelebt dann hätten wir uns ihm mit Sicherheit angeschlossen und hätten mit ihm und seiner Mannschaft die wilden unbekannten Flecken Utahs erkundet...
 

tt
 
Gegen Nachmittag landen wir in Escalante, wo die beste Pizza des gesamten Südwestens serviert wird.
Mamma Mia - Da macht mein innerlicher Italiener Purzelbäume !
hmmm ... pizza  beer  

Mit gefüllten Bäuchen rollen wir uns zurück ins Fahrzeug.
Kurz auf Gas gedrückt und schon sind wir auch schon unten an der Brücke über den Escalante River. Dort verlassen wir den Hwy12 und parken am Escalante River Trailhead. Von hier aus machen wir uns auf die Suche nach dem "100 Hands Panel" welches sich irgendwo hier gut getarnt in den Felsen versteckt muss.
Man folgt dafür einem kleinen Pfad hangaufwärts und erklimmt mehrere Felsstufen (Länge ca. 1km, Höhenunterschied ca. 70 m).

Dann taucht es plötzlich vor einem auf:

100
 

Unter einem kleinen Überhang entdeckt man hunderte sorgfältig neben- und übereinander-gereihte Handabdrücke.

Wie sind sie wohl entstanden? Niemand weiss es genau, aber man stelle sich vor: Vor etwa 1000 Jahren saßen ein paar Anasazi-Kids gelangweilt im Schatten eines Felsvorsprungs – WLAN gab’s nicht, Netflix war noch nicht erfunden, also dachten sie sich: „Hey, lass mal was Kreatives machen!“ Einer tauchte seine Hand in rote Farbe (vermutlich zerstoßene Mineralien gemischt mit Spucke oder Pflanzenöl – yum!) und patschte sie an die Wand. Die anderen: „Boah cool, ich auch!“ Und so ging’s dahin bis die ganze Wand zugepatscht war.
Vielleicht war es auch ein prähistorisches "I was here" – quasi das antike Gegenstück zu einem Instagram-Post: #HanddruckSelfie ?

Was auch immer der Grund war – eins ist sicher: Diese uralten Handabdrücke zeigen, dass Menschen schon immer das Bedürfnis hatten, Spuren zu hinterlassen. Nur eben damals mit weisser Farbe und Fels statt Likes und Emojis. 🖐️😄

 

Ich habe mir sogar die Mühe gemacht um genau nachzuzählen - es sind nicht nur 100 sondern sogar 161 Handabdrücke !
Wers nicht glaubt, der kann ja nachzählen ...

100hands
Ein kleines Stück weiter entdecken wir weitere Piktogramme die wohl Jagdszenen darstellen sollen:
Das sogenannte "Shaman and the Hunter Panel"
100 3

So, genug Kultur für heute,
Der Blick auf die Uhr mahnt uns nicht mehr allzuviel Zeit zu verlieren, wir haben ja schliesslich noch keinen geeigneten Platz für heute Nacht gefunden.
Also die 15 km zurück und dann auf die Hole-in-the-Rock Road (HitRR) abgebogen.
 
Aber Schock! Hier an den Boondocking-Plätzen ist die Hölle los, man möchte meinen der halbe Südwesten ist heute nach Escalante gekommen.
Hunderte, nein Tausende Camper und Zelte verteilen sich auf dem Areal !

Warum zum Teufel?
Ach ja, stimmt, morgen wird hier "The Ring of Fire" erwartet, eine ringförmige Sonnenfinsternis,
und das 800 Seelen-Dorf Escalante wird direkt im schmalen Pfad der Annularität liegen, und bietet daher beste Beobachtungsvoraussetzungen.
Zusätzlich wird am morgigen Tag auch noch der "Ring of Fire"-Marathon zwischen Boulder und Escalante starten, was natürlich nochmals mehr Besucherzahlen anlockt.

Oh no, das hat uns gerade noch gefehlt!
Wir brauchen dringend ein einsames Plätzchen ohne Rummel, ohne Lärm und Menschenmassen,
einen Platz mit freier Sicht auf den Himmel der sowohl Einsamkeit garantiert als auch eine gewisse Mystik ausstrahlt ...
 - Wir müssen nicht lange überlegen, denn wir wissen beide sofort wo wir hinwollen !
 

xx

Wir folgen der HitRR für 14 Meilen und verlassen diese schliesslich Richtung Left Hand Collet Canyon. Anfangs eine Gravel Road, später folgt man dann dem trockenem Flußlauf des Left Hand Collet Wash. Form- und farbschön schneidet sich dieser tief in die Landschaft. Achtung: High Clearance obligatory!
Wir arbeiten uns langsam aber stetig mit dem Jeep voran, bis wir schliesslich auf die Smoky Mountain Road treffen.
Dieser folgen wir noch ein Stück und biegen schliesslich auf eine unscheinbare Fahrspur ab, die mitten in die Pampa zu führen scheint. Die Straße ist hier eigentlich kaum mehr als solche zu bezeichnen, an manchen Stellen muss man fast raten wo es lang geht.
 
Wir haben uns irgendwie in der Zeit verschätzt, wohl zu viel Zeit bei Pizza und Bier vertrödelt, und es fängt schon an zu dämmern.
Weit und breit kein geeigneter Platz zum Übernachten in Sicht. Mit dem letzten fahlen Sonnenlicht finden wir dann unverhofft doch noch ein ganz nettes Plätzchen am Straßenrand.
Im Schein der Taschenlampen errichten wir das Lager, entfachen ein Lagerfeuer und grillen Würstchen.
Die Kojoten heulen in der Ferne um die Wette, wahrscheinlich läuft ihnen bei dem Würstchenduft das Wasser im Maul zusammen.
 
 
unser Lager auf dem Collet Top Plateau (im Hellen, am nächsten Morgen):
tent
camp ct  breakfast
 
Tag 16:
 
Am nächsten Morgen schlafen wir erst mal aus, gönnen uns einen großen Napf heissen Kakao und marschieren dann los.
Unser Ziel: Der Collet Top Arch mitsamt seiner kleinen schnuckeligen Ruine.
(siehe auch Reisebericht 2021:  --> collet-top-arch )
 

yy

 
Der Collet Top Arch: Er wirkt elegant und schlank, fast schwebend.
Ein Bogen aus orangegoldenem Sandstein, vom Wind geschliffen, vom Wasser geformt – ein Werk der Zeit.
 
vv

Wir sind uns sicher, vor vielen hundert Jahren, als der Wind noch ungestört durch die Täler von Escalante strich und der Himmel in klarstem Blau über der Wüste hing, lebte ein kleiner Stamm der Anasazi auf dem Hochplateau des heutigen Collet Top. Zwischen bizarren Felsen, roten Klippen und dem schützenden Steinbogen, den wir heute „Collet Top Arch“ nennen.
Und wenn der Wind heute durch den Collet Top Arch weht, flüstert er vielleicht noch immer ihre Lieder  ...

 

xy

 

Nach dem ausgiebigen Erkunden des Arches und der Ruine machen wir es uns gemütlich und setzen uns in den weichen Sand.
Dann holen den Kocher aus dem Rucksack und bereiten uns unser Lieblings-Frühstück (Porrige mit ganz viel M&Ms), welches dann mit Wonne verspeist wird.

Und den Rest kennt ihr ja eigentlich schon ...

 

Um kurz nacht 09:00 beginnt sich der Mond vor die Sonne zu schieben, bis er dann gut eineinhalb Stunden später, um Punkt 10:29, genau zentriert vor der Sonne steht und der sogenannte "Ring of Fire" entsteht.
Ein leuchtender, dünner Kreis umrahmt den dunklen Mond der nun 94,5% der Sonne bedeckt.
Magie am Himmel - majestätisch - fremd - faszinierend.
Es seltenes Schauspiel, Ein Hauch von Unheimlichkeit und Faszination!

 
sun
 

Ein Zusammenspiel aus Naturphänomen, Lichtspektakel und Gänsehautgefühl - außergewöhnlich und fast surreal.

 
vw  ww  sun
 
Nach gut drei Stunden ist das Schauspiel beendet, der Mond hat sich wieder verzogen und die Welt erwacht langsam aus ihrem kurzzeitigen Schönheitsschlaf.
Die Sonne lacht wie gewohnt vom Himmel, so als wäre nichts passiert.
st
 
Snowwhite hat sich schon Sorgen gemacht wo wir so lange bleiben. Hatte sie etwa Angst im Dunkeln?
jeepy

Dann erkunden wir noch die Gegend und entdecken weitere Anasazi Ruinen:
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Wir machen uns auf den Rückweg. Abermals arbeiten wir uns durch den Collet Top Wash
fg

wieder an der HitRR geht es weitere 27 Meilen südwärts bis wir unseren heutigen Übernachtungsplatz an den Sooner Rocks erreichen.
Routiniert wird das Zelt in die Luft geschleudert und mit Isomatten und Schlafsäcken bestückt.
Home sweet home ...
 
Viel haben wir heute ansonsten nicht mehr vor, ausser im Campingstuhl zu sitzen, apple crumble zu naschen
und das Leben zu geniessen ...
Hier fühlen wir uns wohl - no one else out here - Freiheit pur !
 
camp
gg
Die Sooner Rocks, eine markante Felsformation aus Entrada-Sandstein, die sich aus der ansonsten relativ flachen Wüstenlandschaft erhebt.
Inmitten von mehreren Millionen Sagebrush-Büschen, der vermutlich einzigen Pflanze auf der Welt die garantiert niemals vom Aussterben bedroht sein wird, da sie gefühlt den gesamten Südwesten der USA bevölkert.
 
camp3

Wir beugen uns über unsere Karten und schlauen Bücher und brüten über dem Programm für die nächsten Tage,
Mal sehn was wir hier noch so alles anstellen können ...
 
 
smileysurprisesmiley

 

 
 
 
Bernhard
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Beigetreten: 21.08.2009 - 15:31
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RE: day 15-16: Bryce / Collet Top / Ring of Fire

Hallo Christian,

tolle Entdeckungen rund um den Highway 12 !

Kannst du uns auch noch die Position des  "Powell Point", einen Lookout neben dem Highway 1, mitteilen ? An diesem Overlook scheinen schon viele, auch ich, ohne Kenntnis vorbei gefahren sein.

Herzlichen Gruß

Bernhard

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Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)

Bolly_Bollo
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RE: day 15-16: Bryce / Collet Top / Ring of Fire

Hallo Bernhard,

der Powell Point Overlook befindet sich auf der westlichen Seite des Scenic Byways12 zwischen Henrieville und Escalante,
unter folgenden Koordinaten: 37.63954170894101, -111.84428007557634

Nicht zu verwechseln natürlich mit dem Powell Point am South Rim des Grandcanyon.
 

Liebe Grüße,
Christian

Bernhard
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Beigetreten: 21.08.2009 - 15:31
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RE: day 15-16: Bryce / Collet Top / Ring of Fire

Hi Christian,

vielen Dank für die Ergänzung. Ich habe die Koordinaten auch oben im Bericht einkopiert.

Herzlichen Gruß

Bernhard

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