Doch die Folgen des Klimawandels und die extrem trockenen und niederschlagsarmen Jahre zwischen 2020 und 2022 bedrohen dieses Idyll: Der Wasserstand fiel auf den niedrigsten Pegel seit der Befüllung des Sees 1960, der Lake Powell erreichte letztes Jahr einen historischen Tiefstand.
Eigentlich hatten wir nicht mehr damit gerechnet, jemals wieder den einzigartigen Zauber des Reflection Canyons erleben zu dürfen – denn dieser entfaltet sich nur bei entsprechend hohem Wasserstand. Aber unverhofft führte dann der außergewöhnlich schneereiche Winter 2022/23 in den Rocky Mountains zu einem deutlichen Anstieg, und so nehmen wir heute die Gelegenheit wahr uns noch einmal auf den Weg zu machen um dieses einmalige Naturwunder live zu erleben ...
Tag 18:
Schon im Morgengrauen hüpfen wir aus den Schlafsäcken. Wir wollen früh los. Nach einem schnellen "breakfast on the go" – klebrige Donuts und Twinkies – starten wir auf der HitRR Richtung Süden. Nach einer dreiviertel Stunde erreichen wir den (inoffiziellen) Trailhead zum Reflection Canyon.
Den Rucksack haben wir gestern Abend schon gepackt – Zelt, Ausrüstung, Verpflegung und jeweils acht Liter Wasser pro Person. Keine Schilder, kein markierter Pfad, aber wir kennen den Weg ja noch vom letzten Mal und orientieren uns an den (im Gegensatz zu früher) gut sichtbaren Trails durch die anfangs karge Wüstenlandschaft.
Zunächst folgen wir einem sandigen Pfad durch eine weite, offene Ebene, in einem ständigem Auf und Ab immer entlang der Fortymile Ridge.
Die Landschaft wirkt leblos und unwirtlich, nichts außer Sagebrush, trockene Gräser und vereinzelte Kakteen
- noch ahnt man nicht welche Szenerie sich wenige Kilometer weiter eröffnen wird ...
Drei Stunden wandern wir so dahin, mit jeder Minute wird es wärmer und wärmer, wir schwitzen unter der Last der Rucksäcke.
Dann verlassen wir die Prärie und steigen in ein mit unzähligen Hügelketten und Tälern durchzogenes Slickrock-Labyrinth.
Es existieren mehrere mögliche Routen, grob wissen wir den Weg und folgen einfach unserer Nase.
Gegen Mittag, nach gut 15km und fünf Stunden Wanderzeit erreichen wir ihn dann endlich: den Reflection Canyon
Ein gigantisches Panorama breitet sich vor einem aus:
Zwei kleine runde Fels-Inselchen ragen aus dem tiefblauen Wasser hervor und verleihen dem Canyon sein charakteristisches Aussehen.
Der Wasserstand ist nahezu ideal, die kleine schmale Landbrücke spitzt gerade eben noch aus dem Wasser, und bildet diese perfekt geschwungene Linie, die sich elegant um die Sandsteinformationen schlängelt. Steile Wände rahmen die Kulisse ein.
Erneut ein Tag ohne ein Wölkchen am Himmel. Der orangene Sandstein bildet einen wunderbaren Kontrast zum blauen Himmel und der spiegelglatten Oberfläche des Lake Powell.
Wir suchen uns einen Weg über die steilen Hänge hinunter zum Rim und schlagen unser Zelt auf einem kleinen Plateau mit direktem Blick auf den Canyon auf.
Ausser uns scheint niemand sonst hier zu sein - perfekt !
Es war die absolut richtige Entscheidung so früh loszulaufen, zum einen um der größten Hitze zu entgehen,
zum anderen herrscht gegen Mittag das beste Foto-Licht (denn morgens blendet die Sonne, und später liegen dann die Inseln im Schatten).
Nicht der kleinste Windhauch rührt sich hier unten, die Sonne heizt die Senke gnadenlos auf, die Felsen reflektieren die gestaute Hitze - Uff !
Wir suchen verzweifelten nach einem Schattenplätzchen und verkriechen uns in eine schmale Felsspalte.
Jetzt wünschen wir uns fast doch die kalten Temperaturen der letzten Woche zurück.
Später wird es zum Glück erträglicher und wir verbringen den Nachmittag abwechselnd mit Atmosphäre-in-uns-Aufsaugen, Im-Schatten-Dösen und Fotografieren-aus-allen-Perspektiven.
Ja - so ein Outdoor-Leben kann ganz schön anstrengend sein ...
Zur Feier des Tages gönnen wir uns heute abend eine doppelte Portion Tütenfutter,
dazu zaubern wir noch eine kleine Flasche Wein aus dem Rucksack, welche auf wundersame Weise den Transport überlebt hat,
und voilá: fertig ist ein Fünfsterne-Dinner mit Blick auf die wohl eleganteste Doppel-S-Kurve des Planeten.
Später sitzen wir mit einem dampfenden Becher Kakao vorne an die Abbruchkante und philosophieren über die Welt und den Sinn des Lebens,
während wir mit einem grandiosen Sonnenuntergang belohnt werden.
Als die Sonne verschwunden ist, folgt die zweite Magie: der Nachthimmel. Es herrscht Neumond, und ohne auch nur die kleinste Lichtverschmutzung leuchtet die Milchstraße hell und klar über uns. Tausende Sterne spannen sich über den Canyon wie ein kosmisches Zelt.
Mit den Wissen, dass sich im Radius von über 50 km keine menschliche Siedlung (Escalante liegt über 90 km entfernt), und vielleicht sogar nur wenige Dutzend Menschen befinden, fühlt man sich klein - aber dennoch gut behütet.
Man möchte ewig hier draußen sitzen bleiben, aber irgendwann werden auch die fleißigsten Wanderer müde, und so rollen wir uns in kurze Zeit später in unsere weichen Schlafsäcke, und schon bald Schnarchen wir um die Wette.
Tag 19:
Im ersten Licht der Morgendämmerung erwacht der Reflection Canyon, wir liegen noch in unseren Schlafsäckenund und beobachten aus dem Zelt heraus das magische Schauspiel: Langsam schiebt sich die Sonne wie ein flammender Ball aus glühendem Bernstein über die Felsen am Horizont, der gesamte Canyon wird in sanftes Pastell-Orange getaucht, die Felsinseln werfen lange Schatten, das Wasser spiegelt die Farben des Himmels.
Die Nacht war angenehm frisch, wir sitzen mit Mütze und Daunenjacke am Rim und löffeln unser Good-Morning-Porridge.
Unser Plan war es eigentlich noch mindestens bis mittags zu bleiben und die ganze Atmosphäre zu genießen, doch die Sonne hat scheinbar etwas dagegen.
Wir wissen, schon bald wird es hier unten wieder unerträglich heiß werden, und Je länger wir bleiben desto unangenehmer wirds auch auf dem Rückmarsch.
Also brechen wir schweren Herzens auf. Wir verabschieden uns von unserem "Lieblingsplatz", ein letzter Blick zurück – und los geht’s.,

Auf dem Rückweg bestätigt sich mal wieder die alte Utah'sche Faustformel: Wüste + Hitze2 = Klapperschlange
Auf halben Weg mache ich noch einen Abstecher zur LLewelyn Gulch - dritter Versuch - in den Jahren zuvor haben wir bereits zweimal versucht abzusteigen und die Gulch zu erkunden, sind aber jedesmal hoffnungslos an Unmengen von tiefen Schlamm gescheitert. Diesmal klappt es aber, der Canyonboden ist pfurztrocken und ich erkunde die ersten beiden Kilometer bis ich auf einem unüberwindbaren Dryfall stoße und schließlich umdrehen muss.
die gewundene LLewelyn Gulch
Unsere Wasservorräte verbrauchen wir fast bis auf den letzten Tropfen, am Auto schütten wir erst mal einen ganzen Liter Coke in unsere ausgetrockneten Kehlen.
Wir fahren die HitRR noch ein Stück Richtung Norden und suchen uns ein lauschiges Plätzchen zum Boondocken für die Nacht.
Heute ist nur noch "chillen" angesagt.
Die heutige Lagerfeuer-Challenge: Den perfekten Marshmallow rösten – ohne ihn komplett in Flammen aufgehen zu lassen (Spoiler: Das klappt nie)
good night - sleep tight — and may your dreams smell like campfire and s'mores that didn’t fall in the fire ...

Hi Christian,
hier gilt das Gleiche wie bei der Coyote Gulch: WOW !! Solche Plätze (und Bilder davon) fegen jeden trüben Gedanken hinweg !! Danke !!
Herzlichen Gruß
Bernhard
Scout Womo-Abenteuer.de
Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen (G.C. Lichtenberg)
Hi Christian,
ich schließe mich Bernhard nur allzu gerne an: WOW! Was für ein sensationeller Zeltplatz. Ich freue mich für euch, dass es mit dem Reflection Canyon geklappt hat und er genügend Wasser geführt hat.
Liebe Grüße, Mike
Experience!
Scout Womo-Abenteuer.de